Archiv der Kategorie: Fidicinstraße

Entwicklung der Wohnbebauung – Architekten

HausnummerJahrArchitekt(en)
Fidicinstr. 5, 5a1888Wilhelm Klopsch, Emil Arlt
Fidicinstr. 38, 38a1889Carl Jung, Ludwig Dolz
Fidicinstr. 391889Carl Jung, Ludwig Dolz
Fidicinstr. 25, 25a1889W. Gericke, Friedrich Kaschke
Fidicinstr. 6, 6a1889Wilhelm Klopsch, R. Crampe
Fidicinstr. 7, 7a1889Wilhelm Klopsch, R. Crampe
Fidicinstr. 8, 8a1889Wilhelm Klopsch, H. Helms
Fidicinstr. 281890H. Baars
Fidicinstr. 301890Ludwig Dolz
Fidicinstr. 41890Wilhelm Klopsch
Fidicinstr. 29, 29a1890Carl Sievert
Fidicinstr. 111891Carl Jung
Fidicinstr. 121891Carl Jung
Fidicinstr. 311893C. Müller
Fidicinstr. 271893H. Baars
Fidicinstr. 261893W. Adler
Fidicinstr. 32, 32a1894August Beckmann
Fidicinstr. 35, 361894August Beckmann
Fidicinstr. 171894D. Joseph, G. Lücken
Fidicinstr. 181894J. Bering, H. Schwartz
Fidicinstr. 131894Rudolf Schönner
Fidicinstr. 221894Salow, Möller & Stegemann
Fidicinstr. 331895August Beckmann
Fidicinstr. 341895Fr. A. Bergert
Fidicinstr. 191895Heinrich Peglau, Schiller
Fidicinstr. 201895Heinrich Peglau, Schiller
Fidicinstr. 211895Heinrich Peglau, Schiller
Fidicinstr. 231896Fr. A. Wankel
Fidicinstr. 141896Gustav Wehye
Fidicinstr. 151896Gustav Wehye
Fidicinstr. 161897J. Bering
Leider sind nicht von allen Häusern die Architekten bekannt.

Verschwundene Orte: Zur Sonne

Danke an Siggi, der mir die Bilder und Artikel zur Verfügung gestellt hat!

Einer der leider verschwundenen Fixpunkte in der Fidicinstraße war das Lokal „Zur Sonne“. Bierkneipe, Drehort für Spiel- und Fernsehfilme, Versammlungsort der SPD-Abteilung, Bühne der Travestieshows der „Sunny Boys“: Kreuzberger Vielfalt.

Diddi und Siggi hinter dem Tresen (Quelle: BZ am Sonntag, 29.7.2007: „Auch die Bierstube „Zur Sonne lädt regelmäßig zu Veranstaltungen ein, wie den Travestie-Shows und der Weihnachtsfeier im Sommer. Außerdem haben hier schon Günter Pfitzmann, Anita Kupsch, Diether Krebs und Loriot gedreht. Und bestimmt das eine oder andere Bierchen getrunken, wenn die Scheinwerfer ausgingen.“

Für Dreharbeiten wurde auch gerne einmal der Name geändert:

Nicht immer war die „Sonne“ selbst der Drehort, diente aber der Filmcrew als Standort, so wie bei den Dreharbeiten zu Loriots „Pappa ante Portas“ 1991:

Loriot
Evelyn Hamann
Dreharbeiten in der Kopischstraße

Doch Diddis und Siggis Leidenschaft waren ihre Gäste. Und die vielen Feiern mit Ihnen, ob Travestie-Show, Weihnachtsessen oder Silvester.

Silvesterfeier vor der „Sonne“

Die „Sonne“ existiert nicht mehr und mit ihr ist auch diese Art von Kreuzberger Vielfalt untergegangen. Leider verstarb auch Diddi viel zu früh. Was bleibt ist die Erinnerung an einen Ort, der beispielhaft für das bunte und tolerante Kreuzberg der achtziger und neunziger Jahre war.

Diddi und Siggi 2004

Am 30.6.2004 erschien ein Artikel von Hans W. Korffmann in der FR:

Strassen-Schmuck

Ist vor der Fidicin 4 ein Kunstwerk gewachsen?

„Meiner Meinung nach ist alles, jede Form, jedes Stückchen Natur, Tiere, Menschen, Kieselsteine, Muscheln, alles, was einem gefällt, geeignet, um eine Skulptur zu schaffen.“
Henry Moore

„Dada ist für den Unsinn, das bedeutet nicht Blödsinn. Dada ist unsinnig wie die Natur und das Leben. Dada ist für die Natur und gegen die Kunst. Dada will die Natur, jedem Ding seinen wesentlichen Platz geben.“
Hans Arp

„Das Ziel der Kunst ist nicht, die Wirklichkeit abzubilden, sondern eine Wirklichkeit von gleicher Intensität zu schaffen.“
Alberto Giacometti

„Die Skulptur ist die organische Figuration der Materie in ihrer sinnlich-räumlichen Totalität.“
Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Fidicinstraße 360°

Aufgenommen am 24.6.2024 mit einer GoPro MAX.

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Kamerastandorte

Fidicin 1/Ecke Mehringdamm

Fidicin 3

Fidicin 41

Fidicin 6

Fidicin 36

Fidicin 13

Fidicin 16

Fidicin 20

Fidicin 24

Der Namensgeber

Ernst Fidicin wurde am 27. April 1802 als Sohn eines invalide gewordenen Unteroffiziers und späteren Zwirnmachers in Potsdam geboren. Seine erste Ausbildung genoss er in der höheren Bürger- und dann in der »großen Schule«, dem später zum Gymnasium umgestalteten Lyceum. Nach dem Wunsch des Vaters sollte er Theologie studieren. Die Neigung des sehr begabten

Jungen lag jedoch schon früh bei der Altertumskunde; außerdem reichte für ein Theologiestudium das Geld nicht. Er musste zu- nächst die Laufbahn eines mittleren Beamten einschlagen und wurde am 9. März 1822 am damaligen Stadtgericht in Potsdam verpflichtet, wo er seine Grundausbildung absolvierte. 1828 wurde Fidicin Aktuarius beim Königlichen Kammergericht in der Berliner Lindenstraße. In der Hypotheken- und Lehnsabteilung fand er in den vielfältigen handschriftlichen Urkundenbüchern der brandenburgischen Lehnskanzlei reichhaltiges Material für seine historischen Forschungen. 1829 übernahm er die Stelle eines Registrators, später die eines Bürovorstehers der Berliner Stadtverordnetenversammlung. Anfang 1847 wurde ihm das Berliner Stadtarchiv übertragen, für das, wie Ernst Kaeber (1882–1961) schreibt, mit Fidicin eine neue Zeit begann. Der Potsdamer, der auch später immer wieder den 1837 gegründeten Verein für Geschichte der Mark Brandenburg besuchte, war nun zum Berliner geworden. Er hat die Stadt bis zu seinem Tode nicht wieder verlassen. Schon 1837 erschien sein erstes bedeutendes Werk unter dem Titel »Historisch-Diplomatische Beiträge zur Geschichte der Stadt Berlin«. Die ersten drei Bände dieses Urkundenbuches enthalten neben den vom Verfasser gesammelten Regesten und Urkunden eine der wichtigsten Quellen für die Rechts- und Verfassungsgeschichte, das 1397 zusammengetragene und verloren geglaubte Berliner Stadtbuch. Nach mehr als 100 Jahren hat es Fidicin in der städtischen Bibliothek zu Bremen wiedergefunden.

Fidicin war längst als guter Kenner der Quellen und der Geschichte Brandenburgs bekannt geworden. Nachdem er 1856 eine Neuausgabe des Landbuches Karl IV. herausgebracht hatte, erschienen 1857 und 1860 »Die Territorien der Mark Brandenburg«, ein Werk, das nach dem Urteil von Experten wohl noch heute für jeden Lokalforscher gültig und unentbehrlich ist. Nicht zuletzt wird in seiner Bibliographie deutlich, dass von Anfang an die Erforschung der Quellen zur Geschichte der Mark Brandenburg und Berlins in seiner Arbeit untrennbar verbunden waren. Nach Gerd Heinrich ist er der letzte Berliner Stadtarchivar gewesen, der es vermochte, gleichzeitig Fragen der Berliner und brandenburgischen Geschichte zu bearbeiten. In die Geschichte eingegangen ist allerdings auch eine »arge literarische Fehde« mit dem Historiker Karl Friedrich von Kloeden (1786–1856) wegen der Gründungszeit Berlins. In diesem Streit, so Heinrich, vertrat Fidicin zweifellos »den besonneneren und quellennäheren Standpunkt«.

Leben und Werk von Ernst Fidicin sind untrennbar verbunden mit der Geschichte und dem Wirken des Vereins für die Geschichte Berlins. Er gehörte zu jenen Persönlichkeiten, die sich am 28. Januar 1865 im Café Royal Unter den Linden Nr. 33 versammelten, als sich dieser heute wohl traditionsreichste Berliner Geschichtsverein konstituierte. Ein Bericht über die Gründungsversammlung von Alexis Schmidt erschien am 31. Januar auf einer ganzen Großfolioseite in der Spenerschen Zeitung »Berlinische Nachrichten von Staats- und Gelehrten Sachen«. Ernst Kaeber irrte wohl, als er in seinen »Erinnerungen an das Stadtarchiv Berlin« bemerkte, dass Fidicin nicht zu den Gründern des Vereins gehörte. Am 15. Februar 1865, nur zwei Wochen nach der Gründung des Vereins, hielt Fidicin den ersten Vortrag zum Thema: »Die bisherige Geschichtsschreibung Berlins«; insgesamt hat er allein in diesem Verein elf Vorträge gehalten. Nach seiner Pensionierung 1878 bis zu seinem Tode war er Ehrenvorsitzender des Vereins. Herausgegeben hat er im Verein so bekannte Große Begabung und Willenskraft, Fleiß und Bescheidenheit prägten das Leben von Ernst Fidicin, das er voll und ganz in den Dienst seiner Archiv- und Forschungsarbeit stellte. Es wird berichtet, dass er zweimal das ehrenvolle Angebot abgelehnt habe, in das Königliche Archiv als Archivar einzutreten. Er wollte den Aufbau des Stadt-Archivs nicht gefährden. Oberbürgermeister Krausnick (1797–1882), der Fidicin seinen »ältesten Schul- und Jugendfreund« nannte, hat dessen Arbeit besonders gefördert.

Am 9. März 1872 wurde er für 50 Jahre Tätigkeit in der Verwaltung Potsdams und Berlins geehrt. Die vom Verein in dankbarer Anerkennung seiner Verdienste im Bereich der Urkundenforschung und der Geschichtsschreibung Berlins gestiftete Medaille wurde jedoch nicht rechtzeitig fertig. Sie konnte ihm erst am 15. Juni 1872 feierlich übergeben werden. Dazu versammelten sich die Mitglieder märkischer und städtischer Geschichtsvereine an der im Park des Babelsberger Schlosses wiedererrichteten Berliner Gerichtslaube. Kaiser Wilhelm I. überreichte die goldene Medaille und der Vereinsvorsitzende, der Geheime Hofrat Louis Schneider, würdigte den späteren Ehrenvorsitzenden als „geistigen Gründer“ des Vereins. Als Fidicin das Amt des Stadtarchivars mit 76 Jahren 1878 abgab, war Berlin Reichshauptstadt geworden.

Am 19. Dezember 1883 starb Ernst Fidicin. Auf seinem Grabstein auf dem Alten Luisenstädtischen Friedhof am Südstern steht: »Hier ruht in Gott unser geliebter Vater, Schwiegervater und Großvater, der Stadt-Archivar Carl Ernst Fidicin«. Darunter ist der Spruch der goldenen Medaille eingemeißelt: »Was du erforschet, hast du miterlebt«.

Am 24. April 1890 erhielt die Fidicinstraße ihren Namen.

(Quelle: Jutta Schneider, „Carl Ernst Fidicin, Stadtarchivar und Historiograph Berlins“, © Edition Luisenstadt, 1998)

Im Hintergrund der Berolina die Siegessäule, das Brandenburger Tor und das Rote Rathaus. An Ihrem linken Fuß ein Buch mit der Aufschrift „Fidicin“.

Zeitreise Fidicinstraße

Friesenstr. Ecke Fidicinstr. um 1900
Fidicinstr. 4, 1908
Demonstration auf der Fidicinstr. 1929
Mannschaftswagen der Schutzpolizei an der Friesenstr. Ecke Fidicinstr. 1929 (heute Restaurant Z)
Sportfest der SA 1934

Erklärung zur Darstellung des Hakenkreuzes

Luftschutzübung in Berlin, Fidicinstr. Ecke Friesenstr., 20. März 1935: Schutthaufen
simulieren Bombenschäden
Fidicinstr. Ecke Am Tempelhofer Berg 1973 (Photo: Henning Langenheim)
Taxizentrale Ackermann, 1975 (Photo: Sammlung Jürgen Henschel)
Fidicinstr. Ecke Am Tempelhofer Berg Mai 1981 (Photo: Henning Langenheim)
Fidicinstr. 27, 1982 (Photo: CASH)
Fidicinstr. 8, 1985 (Photo: Peter van Dahlen)
Straßenfest 1988 (Photo: Wolfgang Krolow)
Zur Sonne 1986, (Photo: Sammlung Jürgen Henschel)
Fidicinstr. 7, 2005 (Photo: CASH)
Fidicinstr. 7, 2005 (Photo: CASH)
Fidicinstr. 7, 2005 (Photo: CASH)
Fidicinstr. 11, 2005 (Photo: CASH)
Fidicinstr. 30, 2005 (Photo: CASH)
Fidicinstr. 30, 2005 (Photo: CASH)
Zur Sonne, 2009
2024
2024
Fidicin 4, 1908 Fidicin 4, 2024
116 Jahre Fidicin 4

Die Hopf’sche Bockbrauerei

Georg Leonard Hopf arbeitete um 1820 in der Habelschen Weinhandlung an der Leipziger Straße als Fassbinder, stieg schnell zum Kellermeister auf, heiratete nach dem frühen Tod des Meisters die traurige Witwe und übernahm den Betrieb. Als das Gespräch in der Schankstube auf das bayerische Bier kam, von dem man erzählte, es sei um vieles besser als das säuerliche Weißbier Berlins, behauptet Hopf: Das kann ich auch! Und braut in einem alten Waschkessel das erste Bockbier Berlins.

Wenig später kauft er Land und zwei Mühlen auf dem Tempelhofer Berge. Am 8.5.1838 findet die Grundsteinlegung statt und in der Folge die Verlegung der Braustätte vom Oranienburger Tor auf das weitläufige Gelände des Tempelhofer Bergs. 1839 eröffnet dort die „Bockbrauerei am Tempelhofer Berg“, eine Brauerei mit Schanklokal. Als er im Mai 1840 das erste Bockbier ausschenkt, strömen die Berliner „in Massen hinaus zum Halleschen Tor auf den kahlen Tempelhofer Berg, um das neue, unbekannte, köstliche Naß“ zu trinken.

Der Schriftsteller Willibald Alexis (1798–1871) schwärmt im Morgenblatt für gebildete Leser: „Es gefiel den Leuten so gut, dass sie nicht wieder aus dem Hause fortzubringen waren. Andere sah man den Heimweg anstatt nach dem Halleschen Thore in gerade umgekehrter Richtung“ antreten, wieder andere soll man „am Morgen in den Gräben gefunden haben“.

Damit hatte er den Beginn der Entwicklung einer der bedeutendsten Industrien Berlins geleistet. Bereits im ersten Jahr betrug der Absatz 4050 Hektoliter und wuchs rasch an. Neben der Herstellung des Bockbiers erfreuten sich die auf dem Gelände stattfindenden Bockbierfeste („Urbock auf dem Tempelhofer Berge“) bei den Berlinern großer Beliebtheit (auch wegen der zum Bockbier gereichten Wurst, die daher den Namen Bockwurst erhielt). Weitere Grundstücke wurden gekauft und Betriebsgebäude zugefügt. Auf dem Gelände gab es nicht nur einen großen Saalbau und eine Ausschankhalle, sondern auch Kegelbahn und Sommerbühne.

Ein Brand zerstörte die Brauerei im Jahr 1842. Es kam zwar zum Wiederaufbau, jedoch starb Georg Leonhard Hopf am 30. April 1844 im Alter von nur 44 Jahren, angeblich an den Folgen der durch die Brandkatastrophe ausgelösten Aufregungen. Die Beisetzung erfolgte in einem Erbbegräbnis auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof I vor dem Halleschen Tor.

Marie Hopf und deren Söhne aus erster Ehe, die Gebrüder Deibel, führten die Brauerei bis 1861; dann wurde sie verkauft an den Hotelbesitzer J. F. Ehrenreich, der 1871 die Berliner Bockbier-Brauerei in eine AG umwandelte.

In der Folge wurde die Bockbrauerei mit ihren vielfältigen Unterhaltungsangeboten zu einem der beliebtesten Ausflugsziele der Berliner.

Wesentlich für den Erfolg war auch das Marketing, angefangen mit dem Fass Bockbier, das die Bockbrauerei jährlich dem Reichskanzler Bismarck zukommen ließ.

Quelle: Bismarck-Portefeuille, Herausgegeben von Heinrich von Poschinger, Stuttgart und Leipzig 1898

Dies war sogar eine Meldung in der Tagespresse wert:

Erzgebirgischer Volksfreund vom 21.4.1881

Und auch Bismarcks Antwortschreiben konnten als Werbung genutzt werden.

Quelle: Bismarck-Portefeuille, Herausgegeben von Heinrich von Poschinger, Stuttgart und Leipzig 1898

Aber auch für Bismarcks heftigste Gegener, die Berliner Arbeiterbewegung, waren die Säle der Bockbrauerei ein wichtiger Versammlungsort. August Bebel hielt bei dem Arbeiterfest des Wahlbezirks I und II am 30.9.1890 anlässlich des aufgehobenen Sozialistengesetzes die Hauptrede.

Zudem fanden auf dem Gelände außergewöhnliche Sportveranstaltungen wie z.B. Boxkämpfe im Rahmen der Europameisterschaft und Deutsche Meisterschaften im Halbschwergewicht statt.

Der spätere Reichskanzler, Außenminister und Nobelpreisträger Gustav Stresemann (der auf dem Luisenstädtischen Friedhof beerdigt ist) schrieb 1901 „Die Entwicklung des Berliner Flaschenbiergeschäfts – Inauguraldissertation zur Erlangung der Doktorwürde der hohen Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig“ und erwähnte auch die Bockbrauerei:

„Nun wird im Jahre 1838 in Berlin durch den früheren bayrischen Weinküfer Hopf zum ersten Male Bier nach bayrischer Art gebraut und in seinen, am Tempelhofer Berg gelegenen Lokalitäten zum Ausschank gebrächt. Das neue Bier mundet den Berlinern zum großen Teile außerordentlich und findet daher leichten Eingang in den Konsum, verschiedene Braumeister, die anfänglich bei Hopf angestellt waren, machen sich selbständig. Ebenso wie der erste Hersteller des bayrischen Bieres aus einer Weinhandlung hervorgegangen ist, so soll auch in den Weinstuben zuerst das bayrische Bier neben dem Wein eingeführt worden sein. Eine besondere Anziehungskraft übte auf die Berliner die von Hopf seit 1840 eingeführte, auch von Bayern importierte Sitte des „Bock“- Anstiches im Frühjahr aus; bis in die achtziger Jahre war der Bock-Ausschank am Tempelhofer Berg ein Wallfahrtsort für die Berliner und der erste Tag des Bock-Anstiches bedeutete ein Ereignis.“

1917 fusionierte die Bockbrauerei mit der Patzenhofer-Brauerei, die sich wiederum drei Jahre später mit Schultheiss zusammenschloss.

Die Schultheiß-Patzenhofer AG betrieb einige hundert Meter entfernt auf dem Kreuzberg ebenfalls eine Brauerei .

1922 wurde die Bierproduktion auf dem Brauerei-Gelände am Tempelhofer Berg eingestellt. Dennoch blieb die Bockbrauerei bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts die meistbesuchte Vergnügungsstätte der Berliner.

Überblick über die Unternehmensgeschichte

Vom Krieg (fast) verschont

Betrachtet man die Bombenschäden während des zweiten Weltkriegs in Kreuzberg erkennt man, dass der Chamissokiez zu den am wenigsten betroffenen Gebieten gehörte.

Gebäudeschäden in Kreuzberg 1945 (blau: komplett zerstört, hellblau: teilzerstört)
Gebäudeschäden im Chamissokiez 1945

Einer der Gründe mag sein, dass sich im „Bomber’s Baedecker“ von 1944 (der hieß wirklich so und listete die „kriegswichtigen“ Ziele in Deutschland für alliierte Bomberpiloten auf) nur ein Ziel in der näheren Umgebung findet:

Die DBU wurde nicht zum Ziel, dennoch waren auch im Chamissokiez die Kriegsschäden sichtbar.

Luftbild der Fidicinstraße aus dem Jahre 1954, das während einer Befliegung der Firma Hansa Luftbild AG entstanden sind.

Deutlich zu sehen die Brache links neben dem Wasserturm. Auf dem Grundstück des komplett zerstörten Hauses befindet sich heute der Bolzplatz. Links die Schäden an der Bockbrauerei; Festsaal und Biergarten sind verschwunden. Das Haus Fidicinstraße 2 und das Eckhaus Mehringdamm/Schwiebusser Straße sind zerstört. Auch die Gebäude der Bockbrauerei an der Schwiebusser Straße haben die Bombennächte nicht überlebt. Die ursprüngliche Zufahrt zur Brauerei von der Schwiebusser Straße aus ist aber noch vorhanden.

Vom Alten Mühlenweg zur Fidicinstraße (1780 bis 1910)

Plan Geometral De Berlin E Des Environs (La-Vigne-Plan), 1685
Älteste bekannte Darstellung der Tempelhofer Berge. Der spätere Kreuzberg (links) und die Grundstücke entlang des Weinbergsweges (heute Bergmannstraße) sind als „Kurfürstlicher Weinberg“ ausgewiesen, die letzten drei als „Particulier-Weinberg“ (vergl. den Text von Fidicin weiter unten).
Friedrich Wilhelm Schaub: Upstall unterhalb der Tempelhofer Berge, um 1780
(Links die Mühle an der heutigen Fidicinstraße und der zu ihr führende Weg, heute Am Tempelhofer Berg. In der Mitte der Weg die Tempelhoferstraße nach Tempelhof, heute Mehringdamm und rechts der Kreuzberg)
1802: Plan von Berlin nebst den umliegenden Gegenden

1843 schrieb Ernst Fidicin über das Gebiet im dem 47 Jahre später eine Straße nach ihm benannt werden sollte:

Ernst Fidicin: Berlin – historisch und topographisch dargestellt, Berlin 1843

Eine der Gastwirtschaften war jene, die ihren Namen von jenem „dustren Keller“ hatte und deren Dächer wir auch auf dem Gemälde von Schaub (s.o) finden.

um 1790 (Blick auf den Kreuzberg)

Ab 1840 beginnt die weitere Bebauung des Mühlenberges mit dem Bau der Bockbrauerei in direkter Nachbarschaft zur westlichen der beiden Mühlen.

Photo für Stereoskopie enstanden zwischen 1868 und 1870. Links die Bockbrauerei.

Die Bockbrauerei wurde mehrmals erweitert. das Gemälde von Julius Jacob zeigt aber deutlich, dass sie an der westliche Seite des Mühlenberges die einzige Bebauung (abgesehen von der Mühle) war.

Julius Jacob: Holländermühle neben dem Brauereigebäude am Tempelhofer Berg, 1883
Detail aus der „Festschrift für das 75-jährige Jubiläum der Berliner Bock-Brauerei“, im Vordergrund der „Dustre Keller“, im Hintergrund die Mühle und die Brauerei auf dem Tempelhofer Berg.

Mit dem Hobrecht-Plan von 1862 wurden auch die Tempelhofer Berge als mögliche Baugebiete ins Auge gefasst. Hobrecht plant dabei allerdings kein konkretes Straßennetz, sondern lediglich Bebauungsblöcke, die Grundlage für die spätere Kanalisationsplanung waren. Die eigentliche Bebauung begann erst ein Vierteljahrhundert später.

„Ausdrücklich ist auf die fortschrittliche Gesinnung Hobrechts hinzuweisen, wie sie zu dieser Zeit auch Rudolf Virchow und Ludwig Hoffmann im Dienste der Stadt Berlin und ihrer Menschen vertraten. Die von Hobrecht 1859-61 erarbeiteten Bebauungspläne für die Umgebungen von Berlin waren nicht dazu gedacht, gesundheitsschädliche Wohnverhältnisse zu schaffen, wie gelegentlich in polemisierenden Texten zu lesen ist.
Der Straßenplan mit seinen markanten Plätzen machte keine Aussage über die Bebauung der Blöcke. Der Grund für die Mietskasernen lag in der hemmungslosen Bodenspekulation.“
Quelle: Verein für die Geschichte Berlins e.V., gegr. 1865

Bebauungsplan der Umgebungen Berlins, Genehmigt durch Allerhöchste Cabinets Ordre. Abtheilung II (Hobrecht-Plan, die „Abtheilung II“ umfasste den u.a. den heutigen Chamissokiez und endete an der heutigen Schwiebusser Straße)

Hundert Meter östlich, etwa in der Straßenmitte, begann allerdings schon 1872 der Bau einer Molkerei der Berliner Molkerei Aktien-Gesellschaft, die ihren Geschäftssitz in der Wilhelmshöhe 30 hatte. Ab 1874 findet sich im „Berliner Adreß- Buch für das Jahr 1874“ der Eintrag „Berliner Molkerei, Actien-Gesellschaft. Wilhelmshöhe 30. und Tempelhoferberg (Hinter der Berliner Bock-Brauerei)“. Elf Jahre später ist die Molkerei bereits in Liquidation.

Die Fidicinstraße heißt noch Alter Mühlen Weg, ist aber auch schon als Straße 23 des Bebauungsplans ausgewiesen, die Schwiebusser Straße als Straße 22.

Die Bodenarbeiten zur Vorbereitung der weiteren Bebauung waren aufgrund des sandigen Bodens sehr aufwendig.

Julius Jacob: Arbeiter am Tempelhofer Berg, 1884

Doch erst nach der Fertigstellung der „Wasserhebe Station“ 1888 begann der Wohnungsbau.

1889: Situations-Plan von Berlin mit dem Weichbilde und Charlottenburg.

Die letzte Mühle verschwand und ebenso die Molkerei. Dafür wurde die Bockbrauerei entlang der Schwiebusser Straße noch einmal erweitert. 1910 schließlich war die Bebauung des Quartiers beendet.

Auch die Bockbrauerei mit dem Festsaal an der Fidicinstraße und dem Rondell des Biergartens hat nun ihre endgültige Form.

1910: Übersichtsplan von Berlin in 44 Blättern (Straube-Plan)
Die Fidicinstraße vom heutigen Mehringdamm aus gesehen. Postkarte um 1910
Eingang zur Bockbrauerei in der Fidicinstraße um 1900
Eingang zur Bockbrauerei in der Fidicinstraße um 1900
Eingang zum Biergarten der Bockbrauerei in der Fidicinstraße um 1903
Blick aus der Fidicinstraße 41(?) auf den Eingang zur Bockbrauerei